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Die Politik von Migrationsgovernance in Gambia

wall stating slogan #Gambia has decided

Unsere Studie zu Migrationspolitik in Gambia ist hier zu finden.

 

In diesem Projekt wird die Migrationspolitik in Gambia erforscht. In Gambia fand im Januar 2017 ein unerwarteter Regimewechsel statt, der verschiedene Migrationsaspekte in neuen Kontext stellt. Das Projekt ist die Pilotstudie eines größeren Forschungsprojekts zur Politik von Migrationsgovernance in acht Ländern Sub-Sahara Afrikas. Für weitere Details kontaktieren Sie bitte die ProjektmitarbeiterInnen.

 

Projektüberblick

Über zwei Jahrzehnte regierte Yahya Jammeh das kleine westafrikanische Gambia mit zunehmend wachsender autokratischer Kontrolle. Auch wenn Gambia nicht in einen Krieg verwickelt war, stiegen die Flüchtlingszahlen aufgrund der sich über Jahre verschlechternden politischen Unterdrückung. Trotz einer Bevölkerung von nur knapp zwei Millionen, stellten Gambier laut der International Organisation for Migration den fünftgrößten Anteil an Geflüchteten über das Mittelmeer im Jahr 2016 und bisher auch 2017 dar. Mehr als 14.500 gambische Geflüchtete leben in Deutschland. Davon sind mehr als zwei Drittel in Baden-Württemberg untergebracht, sodass GambierInnen die zweitgrößte nationale Gruppen unter AsylbewerberInnen ausmachen. Mehrheitlich scheitern ihre Asylanträge, aber die Vorstellung, nach Gambia zurückkehren zu müssen, löst bei vielen große Angst aus.

Im Dezember 2016 gewann Oppositionskandidat Adama Barrow, ein Unternehmer mit wenig politischer Erfahrung, mit 43,34% die Präsidentschaftswahlen gegen den Diktator, der nur 39.6% der Stimmen für sich gewann. Barrow erbte ein verarmtes, von Korruption geplagtes Land und versprach demokratische Reformen. Die Frage ist nun, ob die neue politische Führung durch die vorgesehene Jugendförderung, Steigerung der Bildungsstandards und Arbeitsmarktreformen GambierInnen im Ausland dazu motivieren kann zurückzukehren und gleichzeitig die momentane Abwanderung zu reduzieren.

Migrationsmuster sind jedoch kompliziert – ob und wann sich beispielsweise Geflüchtete sicher für eine Rückkehr fühlen, ist eine empirisch offene Frage und hängt von vielen Faktoren ab. Gambia profitiert außerdem auch von seinen EmigrantInnen – mit Überweisungen, die zum Beispiel 2014 rund 22% des BIPs entsprachen und damit den zweithöchsten Anteil  im afrikanischen Vergleich ausmachen.

In dem Projekt wird der Bedeutung politischer „Agency“ in der Steuerung von Migration Rechnung getragen. Es wird untersucht, aus welchen politischen Prozessen sie hervorgeht, welche Akteure in die Gestaltung involviert sind und wessen Interessen sie vertreten. Dafür beantworten wir Fragen auf drei Ebenen:

1. Die "Produktion" von Migrationsgovernance
- Welche Perspektiven haben die involvierten internen und externen Institutionen auf Migration?
- Gibt es einen politischen Willen zur Implementierung der Migrationspolitik?

2. Interessensvertretung in der Migrationsgovernance
- Welches Verständnis von Migration liegt der politischen Prioritätensetzung zugrunde?
- Gibt es Akteure oder Aspekte, die vom existierenden politischen Rahmen ausgeschlossen sind?

3. Gesellschaftliche Diskurse zu Migrationsgovernance
- Wie werden die verschiedenen Formen von Migration gesellschaftlich wahrgenommen?
- Welche Effekte haben die sozialen Diskurse auf die Priorisierung und Implementierung von migrationspolitischen Maßnahmen?

 

Migration wird dabei holistisch verstanden, das heißt, Emigration (von qualifizierten und unqualifizierten Arbeitsmigranten und Geflüchteten), Immigration (primär aus den angrenzenden ECOWAS Ländern) sowie Flucht nach Gambia (primär Geflüchtete aus der Casamance Region im angrenzenden Senegal) werden gemeinsam untersucht.

 

Relevanz & Beitrag

Migration und seine verschiedenen Facetten werden in der internationalen Gemeinschaft derzeit mit großem Drängen thematisiert. Die UN entwickeln seit September 2016 den „Global Compact for Migration“ aus. Auf Afrika wird in der politischen Agenda 2017 besonderen Fokus gelegt; Angela Merkel widmet dem nachhaltigen Wachstum des Kontinents sogar ihre G20-Präsidentschaft. Eines der großen politischen Themen, das Europa und Afrika derzeit verbindet, ist Migration. Die eigentliche Politik, die Migrationsgovernance formt, ist jedoch noch weitgehend unerforscht, vor allem was Afrikanische AkteurInnen und Bedarfe betrifft. Der Fokus auf die politischen Dimensionen von Migrationsgovernance (d. h. was sind die entscheidenden, manchmal versteckten Interessen) stellt einen wertvollen Beitrag für die Forschung und das entsprechende Politikfeld dar. Die holistische Herangehensweise, ist zudem ein einzigartiger Ansatz, der die unterschiedlichen Interessen, die mit dem Thema Migration verknüpft werden, in Verbindung setzt.

 

Forschungsdesign und Methodik

Die Studie basiert auf semi-strukturierten Interviews mit Mitgliedern der neuen Regierung von Gambia, politischen EntscheidungsträgerInnen, und der Zivilgesellschaft. Feldforschung fand zwischen Mai und Juni 2017 in Banjul und Serrekunda statt. Weitere Interviews wurden mit Schlüsselpersonen der Diaspora, gambischen Geflüchteten sowie politischen und akademischen ExpertInnen in Deutschland und Europa geführt.

 

Am 15. September 2017 fand ein Workshop zu Gambischer Migrationspolitik statt, wo die Ergebnisse der Studie vorgestellt wurden. Es gab auch weitere Beiträge von gambischen Diaspora Mitgliedern, ForscherInnen zu West-Afrikanischer Migration und Praktikern die zu der Thematik arbeiten (siehe kurzer Workshopbericht und Programm).

 

Veröffentlichungen

Franzisca Zanker and Judith Altrogge (2017), The politics of migration governance, ABI Studie

Franzisca Zanker (2017), Returning migrants to The Gambia: the political, social and economic costs, Blogartikel in  The Conversation, 23rd October

Judith Altrogge (2017), "Nach dem Regierungswechsel in Gambia paart sich nun Hoffnung mit Ungeduld", BZ-Gastbeitrag in der Badischen Zeitung vom 15.7.2017.

Sebastian Prediger, Franzisca Zanker (2016), “Die Migrationspolitik der EU in Afrika braucht einen Richtungswechsel“, GIGA Focus Afrika, 6. Dezember.

 

Projektmitarbeiterinnen

Dr. Franzisca Zanker

Judith Altrogge, MA

 

Zeitraum

April – September 2017